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Hallo Sternenfreunde,
nachdem es am Wochenende nie richtig sternklar wurde und ich obendrein noch mit ner Sommergrippe halbtagesweise das Bett hütete, war just am Montag wieder ab Nachmittag wolkenloses Wetter. Ich war zwar noch ziemlich fertig vom Wochenende und einem langen Arbeitstag von 8-19 Uhr, aber, so eine Gelegenheit darf man sich nicht durch Memmenhaftigkeit entgehen lassen. Also hab ich, nachdem ich nochmals mit Norbert telefoniert hatte, all das Graffel ins Auto gepackt (was beim kleinen ED ja recht schnell geht) und auf ging's zum Wäscherhartl, einem abgelegenen Waldgasthof nahe Kelheim, in dessen Nachbarschaft auch die Donausternwarte mit ihrem 50cm-Hypergraphen ihre Heimat gefunden hat. Dadurch, daß der Wäscherhartl montags wohl Ruhetag hat, war's hier heroben wunderschön finster, die Milchstraßenwolken tauchten hinter den südlichen Wäldern regelrecht unter den Horizont und so gegen Mitternacht offenbarte sich auch eine Grenzgröße von gut 6mag, wir haben sie auf etwa 6mag2 im Cygnus geschätzt. Ideale Bedingungen, um mit Norbert's äquatorial auf EQ-6 montiertem 254/1200er Newton und meinem ED80/600 eine wahrhaft überwältigende Sommernacht zu erleben.
Hier aber erstmal in tabellarischer Form die Übersicht des Beobachtungsabends:
Teleskop:
ED Refraktor auf äquatorialer Cosmostar-Montierung
ED Apochromat, Öffnung 80mm, Brennweite 600mm (1:7,5)
Okulare:
2" TS WA 38mm (70°) (16-fache Vergrößerung)
2" TS WA 32mm (70°) (19-fache Vergrößerung)
26mm MEADE Superplössl (52°) (23-fache Vergrößerung)
12,5mm-Ortho (45°) (48-fache Vergrößerung)
10mm Speers Waler (82°) (60-fache Vergrößerung)
7,5mm Speers Waler (82°) (80-fache Vergrößerung)
7mm Ortho (45°) (86-fache Vergrößerung)
5mm Eudiascopic (50°) (120-fache Vegrößerung)
Sonstiges:
2x-Barlowlinse, Celestron ultima, 3-linsiger Achromat mit Luftspalt
Baader Skyglow Filter
Astronomik UHC-Filter (1,25")
TS UHC Filter (2")
TS O(III)-Filter (1,25")
Binokular:Bresser Saturn Zoom, 9-27 x 56
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Zeitpunkt:
Montag, 30. Juni 2008, 23:00-02:15
Visuelle Grenzgröße:
ca. 6,2mag
Durchsicht:
sehr gut
Seeing:
gut bis befriedigend
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Doppelsterne:
Gamma Delphini
Galaxien:
-
Kugelsternhaufen:
M22
Offene Sternhaufen:
M24, h+chi Persei
Gasnebel:
Nordameriklanebel, Pelikannebel, Cirrusnebel, Pickering's triangular whisp,
Trifidnebel, Lagunennebel, Omeganebel
Planetarische Nebel:
M57
Sonstiges:
Jupiter
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Begonnen hatten wir die Beobachtung an Jupiter, nachdem Norbert mit meiner Unterstützung seinen 254/1200mm Newton erst per laser und dann noch am Stern justiert hatte. Trotz aller Justiererei war Jupiter im ED80 deutlich detailreicher zu sehen, was zum Einen am relativ unruhigen atmosphärischen Seeing lag, zum anderen am Tubusseeing des recht eng geschnittenen Skywatcher-Tubus. Und vor allem fehlt dem dicken Newton die Veloursauskleidung: Gerade in den hellen, fast weissen Bereichen des Jupiters zwischen den Bändern war - im Gegensatz zum ED - im Newton keinerlei Struktur zu erkennen, hier war einach alles quietschweiß und überstrahlt. Das NEB zeigt im Norden abgesetzt ein schmales, dunkles Band, das SEB ist sehr breit und strukturiert, das NEB zeigt an seiner rechten Seite ine Art längliche, hellere Einbuchtung. An den Polen zeichnen sich dunkler werdende Kalotten ab, die Südliche eher olivgrünlich, die Nördliche eher blaugrau. So in etwa zeigte sich der Jupiter, wie dieses eine Woche später mit dem ED im heimischen Garten entstandene Foto illustriert:
Jupiter im 80/600mm ED-APO bei f/42
Mittlerweile war es dunkel genug, und ich stellte das Objekt ein, auf das ich am gespanntesten war im nur 600mm Brennweite messenden ED, nämlich den Nordamerikanebel NGC7000. 600mm bei einem Öffnungsverhältnis von f/7,5, bei dem meine 2" TS WA Okulare mit 70 Gesichtsfeld noch nahezu randscharf funktionieren, macht im TS WA 38mm über 4,4° wahres Gesichtsfeld am Himmel! Ausgerüstet mit meinem 2" TS UHC wurde mit selbigem Okular Deneb zentriert, dann ein Gesichtsfeld nach Osten, eins nach Süden - und: BINGO! Ich wär fast vom Stuhl gefallen, den den Detailreichtum hätte ich mir nicht im geringsten erträumen lassen. Neben dem Golf von Mexiko, an dessen Pazifikseite der Nebel wie eine Pferdemähne drei in Längsrichtung liegende Sternchen umfächelte, zog sich der Nebel in eine stark ausgeprägte Bucht in etwa zwischen Texas und Florida, welche von 4 Sternen begrenzt wird. Nach Norden hin weitet sich der Nebel fächerförmig auf, wobei die Ecke nördlich von New York die deutlich lichtintensivere war. Was aber dem Faß den Boden ausschlug, gegenüber dem Golf von Mexiko zog sich der Pelikannebel in zwei nord-südlich verlaufenden Schwaden wie der Umriß eines Zahns durch das Bildfeld! Um diese Erinnerung festzuhalten, griff ich mir meine Rotlichtlampe, den Skizzenblock und die Bleistifte und versuchte eine halbe Stunde lang, eine Zeichnung hinzukriegen. Mit etwas Weichmachen der im Dunkeln doch zu stark hervortretenden Bleistiftstriche habe ich ein Bild hingekriegt, welches den visuellen Eindruck ziemlich genau widergibt. Man beachte: Fotos von NGC7000 wurden erst nach Fertigstellung der Zeichnung konsultiert und diese aufgrund der Fotos auch nicht nachträglich verändert (was auch nicht wirklich nötig gewesen wäre). Beide klebten wir abwechselnd am Okular und ergötzten uns am Anblick von NGC7000, der, je länger man direkt(!) draufschaute, umso mehr Details offenbarte. Hier also die angekündigte Zeichnung:
NGC7000 (Nordamerikanebel), IC5067 (Pelikannebel) im 80/600mm ED-APO bei 16x
Während ich die Zeichnung erstellte, hörte ich schon diverse Ahs und Ohs von Norbert, der mit seinem neuen OIII-Filter und dem 17er Speers Waler grade den Cirrusnebel durchackerte. Ein entsprechender Schwenk mit dem Ed zeigte mit dem 2" UHC im 38er TS WA beide Cirrusbögen in einem Gesichtsfeld.
Allerdings ist NGC6960, welcher sich um 52 Cygni schmiegt, im ED deutlich schwächer auszumachen als der östliche Bogen NGC6992. Dies bestätigt sich auch im 18er Speers mit UHC und mit OIII, wobei der OIII im 80er Refraktörchen doch schon arg grenzwertig ist. Im UHC sind die meisten Details doch etwas leichter zu erkennen. Toll, wie sich NGC6992 wie eine greifende Hand in den Himmel erstreckt. Zwischen den beiden Bögen zeigt sich im 18er Speers mit UHC, bei indirektem Sehen auch mit OIII und dann sogar etwas detailreicher, Pickering's triangular whisp, ein Dreieck, mit einer sehr schmalen, langen Spitze, wirkt fast wie ein Trichter. Natürlich ist der Nebel nur sehr schemenhaft zu erkennen, aber doch eindeutig immer wieder lokalisierbar.
Huhuhuhuuuu - in dieser Sommernacht treiben sich ganz schön viele Käuzchen hier in den Wäldern rum. Und immer wieder taumeln Glühwürmchen um unser Equipment. Wenn das nicht der Dunkeladaption schadet ;-)...
M24, eine Milchstraßenwolke, wirkt im 38er WA fast wie ein riesiger, fast schon lockerer offener Sternhaufen, wenn man nicht im HIntergrund ob der schieren Größe des Gesichtsfeldes seine Ausdehnung von ca. 4° im Hinterkopf hat. Einfach ein bombastischer Anblick! Diese Milchstraßenwolke ist aber nur Zwischenstation mitten in die tollen Schützenobjekte. M8, der Lagunennebel, zeigt bei verschiedensten Vergrößerungen die beiden getrennten Nebelbereiche und den wundervollen offenen Sternhaufen, wohingegen der Trifidnebel, M20, ein diskreter, runder Nebelball ist. Die Dunkelstrukturen sind bei 80mm natürlich nur indirekt zu erkennen, wohingegen sie Norberts Zehnzöller mit UHC alle drei zeigt, zwei relativ gerade und eine stark gebogene! Der phantastische Kugelsternhaufen M22 zeigt im 7,5er Speers Waler im ED80 schon bis ins Zentrum Einzelsterne und darüberhinaus deutliche Körnigkeit. Im 10er Speers wirkt der Haufen noch brillanter, noch filigraner gezeichnet. Auf der Nordseite scheint quer ein Dunkelband die Symmetrie des Kugelhaufens zu stören.
Der Schwanennebel M17 zeigt mit und ohne UHC Filter bereits eine deutlich Filamentstruktur schräg quer zur Längsachse des Schwanenkörpers, die wie ein Gefieder wirkt.
Zum Abschluß, Jupiter steht grade kurz nach seiner Kulmination, offenbart ein letzter Blick einen wie ausgestanzt wirkenden Mondschatten im Südbereich des NEB! Dieser Schatten ist schon vor dem Fokus als starke Verdunkelung der nochunscharfen Planetenkugel erkennbar gewesen! Damit hat sich eine wundervolle Sternennacht ein besonders schönes Finale geschenkt!
Clear skies
Markus
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