First Light mit dem Apo 150/1200

Das Teleskop-Setup

In diesem Abschnitt geht es zunächst noch nicht um die Beobachtung, sondern um eine Beschreibung des Geräts und dessen Qualität an sich. So ein sechszölliger Refraktor mit einem Öffnungsverhältnis von f/8 ist schon ein ziemlich unhandlicher Brocken, auch wenn er - mit eingeschobener Taukappe - noch quer auf der Rückbank eines PKW Platz finden würde, sollte er doch mal zur Beobachtung transportiert werden müssen. Natürlich verlangt eine derartig lange Optik auch einen vernünftigen Unterbau, und so habe ich mich nach längeren Überlegungen für eine EQ6-R von Skywatcher entschieden. Im Nachhinein war dies eine durchaus sehr gute Entscheidung, denn eine kleinere Montierung wäre für dieses Gerät definitiv nichts. Selbst eine EQ6-R ist, da deren Stativ ja zu fast voller Höhe ausgefahren werden muss, mit dem Sechs-Zoll-Apo durchaus gefordert. Leichtes Nachschwingen muss beim Fokussieren durchaus in Kauf genommen werden, nicht dramatisch, aber dem hochwertigen Teleskop nun nicht unbedingt angemessen. Ein Upgrade auf ein stabiles Holzstativ - z.B. ein Berlebach Planet - tut dem ganzen Setup sichtlich gut und verleiht ihm die nötige Stabilität. Die kurz bauende Version mit einer Säulenerhöhung sorgt für eine bessere Durchschwenkbarkeit des Tubus und wäre der langen Version des Stativs in jedem Falle vorzuziehen, auch wenn dadurch noch ein (schweres) Bauteil on top dazukommt. Aber auch auf der EQ6-R in der Originalversion ist der Refraktor brauchbar montiert, die sehr leisen Riemenantriebe haben kein Problem mit dem fast 130cm langen Tubus. Beim Fokussieren merkt man zwar schon - vor allem im Hochvergrößerungsbereich jenseits der 200x - ein gewisses Zittern, dieses beruhigt sich aber auch innerhalb von ein, zwei Sekunden. Ein massiver 2“-Zenitspiegel sowie ein ordentlicher 8x50-Sucher geben dem Teleskop dann am okularseitigen Ende das nötige Gewicht, so dass man den Refraktor halbwegs mittig montieren kann. Diese reduzierte Kopflastigkeit trägt zu einem wesentlich kürzeren Hebel bei und sorgt bei der Beobachtung vor allem dafür, dass die Höhenunterschiede zwischen horizontnahem und zenitnahem Einblick in handhabbaren Bereichen liegen. Natürlich bringt der Tubus samt Rohrschellen, Prismenschienen, Sucher und Zenitspiegel gut und gerne an die 12kg Gewicht auf die Waage, dank der schmalen oberen, als Griff fungierenden Schiene, lässt sich der Refraktor aber trotz alledem erstaunlich gut tragen. Von der Verarbeitung her macht alles einen sehr soliden Eindruck, der Objetivdeckel ist aus mattem Metall und mit Filz ausgeschlagen. Die verschiebbare Taukappe läuft spielfrei, stramm, ohne zu verkippen oder zu wackeln und lässt sich perfekt in jede gewünschte Position bringen. Der 2,5“-Okularauszug ist sehr solide, lässt sich bei Bedarf um die Teleskopachse rotieren und zeigt keinerlei Spiel, läuft satt und sauber. Beim Fokussieren bei hohen Vergrößerungen läuft der Okularauszug bei Fokussieren von innen nach aussen perfekt, wohingegen beim Fokussieren von aussen nach innen, wenn das Okular mit Zenitspiegel quasi nach oben gezogen werden muss, man das Gefühl hat, dass nach dem Fokussieren das Ganze wieder etwas nach aussen läuft, so dass man eigentlich ein wenig zu weit intrafokal fokussieren muss, dass dann der Fokus passt. Das fühlt sich irgendwie gummiartig an, ist aber wirklich Jammern auf sehr hohem Niveau.

Erste visuelle Beobachtungen

Zu Beginn musste der neue Refraktor am Mond und am Planeten zeigen, was er optisch so kann. Für die ersten first-light-Beobachtungen musste im März 2021 der Mond herhalten. Mars hatte sich schon längst von der Himmelsbühne verabschiedet und die beiden Gasriesen Jupiter und Saturn hatten Ihre Aufgänge erst in den frühen Morgenstunden. Der Mond steht im zeitigen Frühjahr recht hoch am Himmel, so dass man weder im horizontnahen Dunst noch im schlechtesten Seeingbereich beobachten kann. Dementsprechend war mein 6mm Radian das längste Okular, welches ich am Mond benutzt habe (200x). Meist war das 5mm Radian mit 240-facher Vergrößerung im Okularauszug und nicht selten das 3mm Radian, welches mit 400-facher Vergörßerung eigentlich zu viel des Guten sein sollte. An einem so hellen und kontrastreichenObjekt wie dem Mond jedoch war oftmals die Erkennbarkeit feinster Details, wie dem Gipfelkrater des Domes Gruithuise Gamma, bei dieser hohen Vergrößerung am angenehmsten. Tests an harten Hell-Dunkel-Kanten zeigten bei 400-facher Vergrößerung weder im Fokus, noch leicht extra- oder intrafokal auch nur den geringsten Ansatz von Farbfehler. Bildschärfe, Auflösung und Farbreinheit des Gerätes sind atemberaubend. Um dies zu untermauern, habe ich natürlich auch Mondbilder mit einer Farbkamera (ASI 224MC Pro) aufgenommen. Obige Abbildung zeigt den Krater Copernicus, aufgenommen mit der ASI 224MC Pro und einer Televue 2,5x Powermate bei f=3000mm Äquivalentbrennweite am 150/1200 Lanthan Apo. Auch das folgende Foto des Sinus Iridum zeigt schön, welch messerscharfe Abbildung der 6“ Lanthan-Apo liefert: Ab April und über den kompletten Mai ließ das Wetter dann erstmal für mehrere Wochen keine vernünftigen Beobachtungen zu. Wolken, Niederschlag, Kälte, alle Elemente widersetzten sich erfolgreich einer astronomischen Beobachtung. Erst im Juni beruhigte sich dann die Großwetterlage und so kam es dann zur eigentlichen first-light-Party, nicht jedoch, ohne vorher auch die Planetentauglichkeit des Geräts auf Herz und Nieren geprüft zu haben. Allerdings stehen Jupiter und vor allem auch Saturn sehr sehr tief auf der Ekliptik, keine wirklich guten Voraussetzungen, weder für besonders gute Transparenz noch für ein brauchbares seeing. Umso erstaunlicher war, wie ruhig die Planetenscheibchen trotz subotpimaler Bedingungen auch bei hohen Vergrößerungen im Okular standen. Mein 190mm Maksutov-Newton zeigt hier parallel ein viel viel unruhigeres Bild, obwohl er auch asugekühlt in meiner Sternwartenkuppel quasi im Freien steht. Farbfehler zeigt der Refraktor auch am Planeten nicht, auch nicht bei extra provozierter 400-facher Vergrößerung, was allerding bei diesem tiefen Stand und den damit verbundenen atmosphärischen Bedingungen keinen Gewinn an Details bringt, eher im Gegenteil. 240x hat sich hier als visuell optimal herausgestellt. Einzig die atmosphärische Dispersion ist sichtbar, interessanterweise ist sie trotz Anwendung einer Farbkamera nach Alignment der Farbkanäle in den Fotos nicht sichtbar. Man sieht deutlich die hohe Farbtreue des Geräts und die doch für 6“ sehr gute Detailauflösung und Bildschärfe. Genau so stellt man sich einen sehr guten Refraktor - zumindest an Mond und Planeten - vor.

Was geht an Deep-Sky?

Nachdem es im Sommer dann doch einige halbwegs klare Nächte gab, konnte auch das Potenzial des Geräts an Deep-Sky-Objekten endlich ausgetestet werden. Visuelle Deep-Sky-Beobachtung hängt natürlich sehr stark von den individuellen Sehgewohnheiten und der Umgebung ab. Um das Gerät einigermaßen neutral zu bewerten, ziehe ich hier den Vergleich mit eigenen Beobachtungen an anderen Geräten in der mir sehr gut bekannten Umgebung in meinem Garten, wo ich auch die Himmelsqualität entsprechend berücksichtigen kann. Helle Objekte wie M27 beispielsweise sind wunderbar detailliert zu sehen, um die taillierte Sanduhrform herum ist auch das gesamte Oval erkennbar. Helle Kugelsternhaufen wie M15 sind am Rand schon problemlos aufgelöst, zum Zentrum hin ist zumindest bei höheren Vergrößerungen eine Granuliertheit erkennbar. An schwachen Objekten kann der Refraktor - das mag auch an der enorm kontrastreichen Abbildung liegen - durchaus punkten: Der Crescent- Nebel (NGC6888) war besipielsweise (mit und ohne UHC-Filter) als schwache, ovale Nebelblase erkennbar, an einer Seite etwas stärker, an der anderen Seite dezent in den Himmelshintergrund auslaufend. Im direkten Vergleich ist das Bild in meinem 7,5“ Maksutov-Newton (190/1000) immer etwas verwaschener, ich würde es als leicht milchiger bezeichnen. Sehr schwache Strukturen kommen einfach visuell nicht so gut raus. Die Sternabbildung des langen Refraktors mit seinem entspannten Öffnungsverhältnis von f/8 ist naturgemäß wunderschön, um nicht zu sagen: perfekt.

Fazit

Wo stehen wir also von der Performance: Ich würde sagen, von der Detailerkennbarkeit von Deep-Sky-Objekten rangiert der 6“-Apo in etwa im Bereich eines acht- bis neunzölligen Spiegelteleskops. Auch der visuelle EIndruck am Planeten kommt dem eines Acht-Zoll-Spiegels sehr nahe. Demgegenüber ist natürlich zu sagen, dass ein 8“-Spiegel preislich deutlich günstiger und gewichtsmäßig einfach bequemer handhabbar ist. Gegen meinen vierzehn-Zoll- Newton hingegen hat der Apo werder am Planeten, noch bei Deep-Sky-Beobachtung auch nur den Hauch einer Chance. Allerdings habe ich in zehn Beobachtungsnächten an Mond und Planeten keine einzige dabei gehabt, in der das Seeing für Vergrößerungen jenseits der 200x zu schlecht gewesen wäre. Im großen Spiegel geht das nur in maximal 4-5 von zehn Nächten. Insgesamt also ist der Refraktor ein herausragend gutes Gerät, welches aber groß und nicht gerade preisgünstig ist (und auch nicht sein will oder kann). Vom oft herangezogenen Preis-Leistungsverhältnis mit Sicherheit nicht optimal, stellt das Gerät doch ziemlich das Maximum dessen dar, was optisch mit 15cm Öffnung möglich ist. Insofern würde ich das Teleskop als Liebhaberteleskop bezeichnen: Wer ihn haben will, wird damit sicher glücklich werden, andersherum muss man ihn aber auch nicht haben.
© Markus Langlotz
Astronomie
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Der 6" f/8-Lanthan-Apo bei im nächtlichen Einsatz ASI 224MC Pro, Televue 2,5x Powermate, f=3000mm ASI 224MC Pro, Televue 2,5x Powermate, f=3000mm ASI 224MC Pro, Televue 2,5x Powermate, f=3000mm Zurück Zurück