© Markus Langlotz
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TWAN-Fotografie in der Praxis - ein Tutorial
Die
Welt
bei
Nacht
zu
fotografieren
ist
ein
durchaus
beliebter
Trend,
und
auch
im
Buchhandel
findet
sich
immer
mehr
Literatur
zu
diesem
sehr
spannenden
Thema.
Dieses
Tutorial
soll
eine
Einführung
in
die
Grundlagen
der
TWAN
(
The
World
at
Night
)-
und
Nightscapefotografie
bieten,
und
dem
interessierten
Leser
die
technischen
Grundlagen bieten, das Maximum aus dem vorhandenen Equipment herauszuholen.
Hört
oder
liest
man
von
Landschaftsfotografie
unter
dem
Sternenhimmel,
so
denken
viele
zunächst
an
teure
Vollformatkameras,
gar
an
Mittelformat,
und
meist
auch
an
mehr
oder
weniger unbezahlbare, extrem lichtstarke Objektive.
Dem
möchte
ich
entgegenstellen,
dass
moderne
Bildsensoren
derart
leistungsfähig
sind,
dass
die
Unterschiede
in
der
Bildqualität
oftmals
mehr
in
der
Ausleseelektronik
als
im
Sensorformat
zu
suchen
sind.
Es
gibt
durchaus
APS-C-Kameras,
die
in
Punkto
Rauschen
und
Signaldynamik
so
mancher
Vollformatkamera
ebenbürtig,
teils
sogar
überlegen
sind,
genau
so,
wie
es
auch
Micro-four-thirds
(MFT)-Modelle
gibt,
die
manche
APS-C-Kamera
und
auch die ein oder andere Vollformatkamera alt aussehen lassen.
Man
sollte
sich
also
von
dem
Gedanken
loslösen,
stets
eine
noch
bessere
Kamera
besitzen
zu
müssen,
um
erfolgreich
Nachtlandschaften
ablichten
zu
können.
Genau
aus
diesem
Grund
gebe
ich
hier
auch
keine
Tips
zu
Kameras
ab
und
erwähne
auch
nicht,
mit
welcher(n) Kamera(s) die gezeigten Besipielbilder aufgenommen wurden.
Abb. 1: Ruine mit Milchstraße,
Einzelaufnahme f/2.8, 25sec, ISO 5000
Wie
erreicht
man
nun
solche
Ergebnisse?
Hierzu
betrachten
wir
das
Rauschverhalten
handelsüblicher
Kameras
als
Funktion
der
eingestellten
ISO-Empfindlichkeit.
Bei
der
niedrigsten
ISO-Einstellung
erreicht
man
eine
Dynamik
(So
nennt
man
das
Verhältnis
der
stochastischen
und
systematischen
Störanteile
zum
Nutzsignalanteil
der
Bildinformation),
die
im
Wesentlichen
aus
der
Full-Well-Kapazität
des
Sensors
und
dessen
Ausleserauschen,
sowie dem Rauschanteil der nachfolgenden Ausleseverstärkerkette resultiert.
Bei
einem
idealen
Sensor
mit
idealer
Ausleseelektronik
würde
sich
also
für
jede
Verdoppelung
der
ISO-Empfindlichkeit
die
Dynamik
halbieren,
also
jeweils
um
eine
Blendenstufe weniger werden. Warum ist dies so?
Mit
Erhöhung
um
eine
ISO-Stufe
halbiert
sich
bei
gegebener
Blende
die
Belichtungszeit
und
somit
erreichen
nur
halb
so
viele
Photonen
wie
zuvor
den
Sensor.
Hiermit
wird
nurmehr
die
halbe
Signalamplitude
erzeugt,
wohingegen
das
Auslese-
und
Verstärkerrauschen
ein
konstanter
Wert
ist.
(Bei
hypothetisch
idealer
Elektronik).
Somit
halbiert
sich
auch
das
Verhältnis
beider
Größen,
auch
wenn
im
Nachhinein
beide
Größen
mit
dem
Faktor
2
multipliziert
werden,
deren
Verhältnis
bleibt
dann
halb
so
groß
wie
vorher.
Abb. 2: Schematischer Verlauf
der Sensordynamik
Abbildung
2
zeigt
schematisch
den
typischen
Verlauf
der
Sensordynamik
einer
idealen
Kamera
(rot)
und
einer
nicht
idealen
Kamera
(blau).
Bei
der
roten
Kurve
ist
der
Rauschanteil
von
Sensor
und
Ausleseelektronik
invariant
und
man
sieht
den
bereits
beschriebenen, linearen Verlauf in der doppelt logarithmischen Darstellung.
Kameras
mit
derartigen
Eigenschaften
bezeichnet
man
als
ISO-invariant
oder
ISO-los.
(„iso-
less
sensor“).
Solche
Kameras
gibt
es
in
der
Realität
tatsächlich.
Da
bei
derartigen
Kameras
das
Rauschen
konstant
ist,
ist
es
egal,
ob
man
bei
der
Aufnahme
elektronisch,
oder
erst
bei
der
RAW-Entwicklung
rechnerisch
verstärkt.
Theoretisch
sollte
man
mit
derartigen
Kameras
mit
möglichst
geringem
ISO
fotografieren
und
das
Bild
in
der
Nachbearbeitung
aufhellen,
weil
dann
die
Spitzlichter
(z.B.
Sterne)
nicht
so
schnell
ausbrennen.
Warum
im
Praxisbetrieb
höhere
ISO-Werte
aber
auch
bei
ISO-losen
Kameras
sinnvoll
sind,
wird
später
im Praxisteil erläutert werden.
Wenden
wir
uns
nun
der
blauen
Kurve
zu.
Bei
Kameras
mit
nicht
ISO-losem
Sensor
flacht
die
Dynamikkurve
zu
niedrigen
Empfindlichkeiten
hin
ab,
was
schlichtweg
bedeutet,
dass
die
Ausleseelektronik
bei
niedrigen
Verstärkungen
ein
stark
erhöhtes
Rauschen
aufweist.
Bei
einer
solchen
Kamera
sollte
man
einen
ISO-Wert
nehmen,
der
in
dem
Bereich
liegt,
in
dem
sich
die
Kurve
zur
ISO-begrenzten
Dynamikkurve
mit
-1fstop/EV
hin
annähert.
Für
fast
alle
nicht-ISO-losen
Kameras
ist
hier
ISO
800
ein
meist
sehr
gut
zutreffender
Wert.
Würde
man
mit
niedrigerer
Empfindlichkeit
fotografieren
und
dann
die
Belichtung
in
der
Rawentwicklung
nach
oben
anpassen,
käme
ein
deutlich
überhöhtes
Rauschniveau
zum
Vorschein.
Nach
diesem
Exkurs
in
die
Kameratechnik
stellt
sich
nun
die
Frage,
worauf
es
bei
der
Bildaufnahme
ankommt.
Und
hier
kommt
die
nächste
Rauschkomponente
ins
Spiel
-
das
Schrotrauschen,
im
Englischen
auch
„shot
noise“
oder
einfach
Aufnahmerauschen
genannt.
Dieses
resultiert
aus
der
Quantennatur
des
Lichts
und
hat
mit
der
Kamera
zunächst
einmal
nichts
zu
tun.
Je
weniger
Photonen
auf
ein
Sensorpixel
fallen,
desto
größer
wird
der
Anteil
statistischer
Schwankungen
im
Vergleich
zur
Gesamtanzahl
von
Photonen.
Dies
ist
gleichbedeutend
mit
einem
erhöhten
Signalrauschen.
Hier
gibt
es
nur
einen Ausweg: Möglichst viel Licht!
Möglichst
viel
Licht.
Dies
kann
man
auf
mehrere
Arten
erreichen:
Zum
einen
durch
Verwendung
von
sehr
lichtstarken
Objektiven.
Diese
sind
aber
oftmals
extrem
teuer
und
haben
bei
voll
geöffneter
Blende
eine
relativ
schlechte
Sternabbildung
-
vor
allem
zu
den
Bildrändern hin.
Zum
anderen
könnte
einfach
die
Belichtungszeit
möglichst
lange
gewählt
werden.
Dies
wäre
ideal,
wenn
nicht
die
scheinbare
Drehbewegung
der
Sterne
um
den
Himmelspol
hier
ein
brennweitenabhängiges,
hartes
Limit
setzen
würde.
Grundsätzlich
gilt
aber,
je
kürzer
die
Brennweite,
also
je
weitwinkliger
die
Optik,
desto
länger
kann
man
mit
feststehender
Kamera
belichten,
ohne
dass
die
Sterne
sichtbar
länglich
werden.
Für
Landschaftsaufnahmen
mit
Milchstraße
sind
Weitwinkeloptiken
sowieso
das
Mittel
der
Wahl, um auch genügend Himmel für dramatische Ansichten mit aufs Bild zu bringen.
Noch
längere
Belichtungszeiten
lassen
sich
erreichen,
wenn
man
die
Kamera
auf
eine
nachgeführte
Montierung
setzt.
Dabei
verschwimmt
allerdings
die
umgebende
Landschaft
und
diese
muss
mit
feststehender
Kamera
nochmals
aufgenommen
werden,
und
beide
Resultate müssen dann in einem Bildbearbeitungsprogramm überlagert werden.
Ein
weitaus
einfachere
Ansatz
besteht
darin,
eine
ganze
Aanzahl
von
Bildern
mit
maximal
sinnvoller
Belichtungszeit
mit
feststeheneder
Kamera
vom
Fotostativ
aus
aufzunehmen.
Hier
erhält
man
punktförmige
Sterne
und
scharfe
Landfschaft.
Mit
spezieller
Software
kann
man
nun
diese
Bilder
so
überlagern,
dass
die
Landschaft
statisch
gemittelt
wird
und
der
Himmel
auf
die
Sterne
ausgerichtet
und
gemittelt
wird.
Das
Resultat
ist
ein
wirklich
perfektes
Bild,
dass
bei
n
Einzelbildern
einer
EInzelaufnahme
mit
n
-facher
Belichtungszeit
bei
1/
n
des
ISO-Wertes
entspricht.
Beispielsweise
entsprechen
16
Einzelaufnahmen
mit
ISO
1600
und
20
Sekunden
Einzelbelichtungszeit
einer
einzelnen
Aufnahme
mit
100
ISO
und einer Gesaamtbelichtugnszeit von 320 Sekunden.
Hierfür
gibt
es
sehr
leistungsfähige
Software:
Für
Windows
ist
als
Download
die
Freeware
sequator.exe
verfügbar,
für
Apple
das
kostenpflichtige
Programm
StarryLandscapeStacker.
Mit
beiden
Programmen
ist
es
sehr
einfach,
den
Himmel
getrennt
vom
Vordergrund
in
einem Arbeitsschritt zu stacken.
Diese
Methode,
viele
Einzelaufnahmen
zu
mitteln
eröffnet
natürlich
auch
die
Möglichkeit,
dann
viel
Licht
zu
sammeln,
wenn
die
maximale
Blende
des
Objektivs
nicht
so
besonders
lichtstark ist.
Wieviel Licht benötigt man nun für qualitativ hochwertige Nightscape-Fotos?
Prinzipiell
gilt
natürlich,
je
mehr,
desto
besser.
Als
Tip
für
Landschaften
mit
Milchstrasse
würde
ich
sagen,
dass
die
Gesamtbelichtungszeit
bei
f/2.8
in
etwa
bei
3
Minuten
liegen
sollte,
aufgeteilt
in
so
viele
Einzelbilder,
wie
nötig
sind,
um
noch
runde
Sterne
zu
erhalten.
Entsprechend
der
zur
Verfügung
stehenden
Blende
muss
die
Zeit
entsprechend
angepasst
werden.
Bei
f/4
anstelle
von
f/2.8
sind
also
zweimal
so
viele
Einzelbilder
wie
mit
f/2.8
anzuraten,
also
ca.
6min
Gesamtbleichtungszeit.
Bei
noch
schnelleren
Objektiven
könnte
man
prinzipiell
die
Gesamtbelichtungszeit
reduzieren,
da
aber
3
Minuten
nicht
besonders
viel
sind,
sollte
man
aber
diese
Gesamtzeit
zugunsten
einer
noch
höheren
Bildqualität
durchaus beibehalten.
Welche
ISO-Empfindlichkeit
sollte
man
idealerweise
wählen?
Wie
oben
erwähnt,
könnte
man
ISO-lose
Kameras
mit
dem
niedrigsten
ISO-Wert
betreiben,
der
an
der
Kamera
einstellbar
ist,
bei
nicht-ISO-losen
Kameras
sollte
man
nicht
unter
ISO
800
gehen.
Allerdings
ergeben
diese
Einstellungen
sehr
dunkle
Bilder,
die
vor
Ort
am
Kameradisplay
sehr,
sehr
schwer
zu
beurteilen
sind.
Da
bei
sowohl
ISO-invarianten
wie
auch
nicht-ISO-
invarianten
Kameras
immer
im
Bereich
der
linear
fallenden
Dynamikkurve
gearbeitet
werden
muss,
wird
das
Ergebnis
nicht
schlechter,
wenn
man
eine
höhere
ISO-Einstellung
wählt,
bei
der
man
die
Bilder
auch
am
Display
beurteilen
kann.
Schließlich
muss
dann
einfach
bei
der
RAW-Entwicklung
weniger
aufgehellt
werden.
Ein
Wert
im
Bereich
von
ISO
3200 bis ISO 6400 hat sich hier als sehr praktikabel erwiesen.
Da
die
Milchstraße
und
auch
die
Sterne
keine
besonders
hellen
Spitzlichter
darstellen,
ist
auch
das
Risiko
minimal,
helle
Bereiche
im
Himmel
ausbrennen
zu
lassen,
denn
wegen
der
durch
die
Erdrotation
begrenzten
Einzelbelichtungszeiten
ist
das
vorgeschlagene
Empfindlichkeitsniveau von ISO 3200 bis ISO 6400 völlig unkritisch.
Abb. 3a: 100% Ausschnitt mit 3200 ISO
Abb. 3b: 100% Ausschnitt mit 12800 ISO
In
Abbildung
3
ist
der
selbe
Ausschnitt
eines
Bildes
mit
f/2.8
und
13
Sekunden
Belichtungszeit
gezeigt,
einmal
mit
3200
ISO
(3a)
und
dann
mit
12800
ISO
(3b).
Beide
Bilder
sind
Einzelaufnahmen
und
wurden
bildbearbeitungsmäßig
im
Rawkonverter
synchronisiert,
also
vollkommen
identisch
bearbeitet.
Bei
Bild
3a
wurde
die
Belichtung
zusätzlich
um
+2
EV
nach
oben
korrigiert.
Beide
Bilder
sind
100%-Crops
und
unterscheiden
sich
faktisch
nicht.
Der
einzige
Unterschied
zeigt
sich
in
der
etwas
eingeschränkteren
Dynamik
des
mit
12800
ISO
aufgenommenen
Bildes:
Der
extrem
hell
angestrahlte
Kirchturm
ist
hier
auf
beiden
Seiten
gleich
hell,
wohingegen
in
der
Aufnahme
3a
erkennbar
ist, dass die Giebelseite des Kirchturms heller angestrahlt ist.
Bei
klassischen
Nightscapeaufnahmen
befinden
sich
typischerweise
aber
keine
extrem
angestrahlten
Gebäude
im
Vordergrund,
so
dass
hier
die
Wahl
des
ISO-Wertes
durchaus
untergeordnet
ist.
Wichtig
ist,
im
linear
fallenden
bereich
der
Dynamikkurve
zu
arbeiten
und
das
Bild
vor
Ort
am
Kameradisplay
vernünftig
beurteilen
zu
können.
Die
restlichen
Helligkeitsanpassungen können dann problemlos im Rawkonverter durchgeführt werden.
Abb. 4: Mondaufgang
Das
Bild
in
Abb.
4
zeigt
einen
mitternächtlichen
Aufgang
des
abnehmenden
Mondes
im
Hochsommer.
Der
Punkt,
an
dem
die
Milchstraße
den
Horizont
schneidet,
befindet
sich
exakt
im
Süden.
Es
handelt
sich
hier
um
ein
Panorama
aus
fünf
Hochkantaufnahmen.
Bei
derartigen
Panoramaaufnahmen
kann
man
durchaus
ein
wenig
länger
belichten,
als
es
für
ein
Einzelbild
möglich
wäre,
da
sich
die
Pixelauflösung
enorm
erhöht
und
nach
dem
Herunterskalieren
ursprünglich
leicht
elongierte
Sterne
nicht
mehr
als
solche
auffallen.
Zudem reduziert sich durch das Herunterskalieren auch das Rauschen ein wenig.
Selbstverständlich
kann
man
durch
Kombination
beider
Techniken
-
dem
adpativen
Stacken
und
dem
Panoramastitching
-
die
Bildqualität
nochmals
steigern.
Der
Fantasie
sind hier keine Grenzen gesetzt.
FAZIT:
Qualitiativ
hochwertige
Bildergebnisse
benötigen
mit
jeder
Kamera
einen
gewissen
Bearbeitungsaufwand
der
RAW-Dateien.
Allerdings
sind
moderne
Kamerasensoren
fast
ausnahmslos
so
gut,
dass
vorzeigbare
TWAN-Bilder
auch
mit
preisgünstigen
Systemkameras
möglich
sind.
Wichtig
ist,
dass
alle
Belichtungsparameter
frei
einstellbar
sind,
die
Kamera
Langzeitbelichtungen
bis
max.
30
Sekunden
unterstützt
und
man
gegebenenfalls
das
Objektiv
wechseln
kann.
Wenn
man
dann
die
im
Text
genannten
Dinge
beachtet, sollten auch Ausdrucken im Format bis 40cm x 60cm nichts im Wege stehen.